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AutorenbildStephan Paul Stuemer

Adriane Schua – Vorsitzende vom Dachverein UNSER LAND

Kein Label, sondern eine Erzeugergemeinschaft!

Grüß Sie Gott Frau Schua, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns und dieses Interview für das Magazin ISAR SICHT nehmen. Sie sind Vorsitzende des Dachvereins UNSER LAND e.V.. Produkte mit dem UNSER LAND Logo sind vielen Verbrauchern bekannt. Was aber genau steckt dahinter, wie und mit welchem Ziel ist dieser Dachverein aufgebaut?

Hallo Herr Stuemer, ich sag Danke für Ihre Interview-Anfrage, der ich sehr gerne nachkomme. Sie haben Recht, viele Verbraucher in unserem Netzwerkgebiet kennen das UNSER LAND Logo. Den Mehrwert, der in jedem UNSER LAND Produkt steckt, kennen vermutlich die meisten nicht. Aber zunächst zu Ihrer Frage bezüglich des Dachvereins. Das Netzwerk UNSER LAND besteht aus zwei Hälften – ich nenne es gerne Puzzleteile. Die wirtschaftliche Seite mit der UNSER LAND GmbH und der ideellen Seite mit den gemeinnützigen Solidargemeinschaften in den Landkreisen und dem Dachverein. Der Dachverein bezweckt, wie auch die GmbH und die Solidargemeinschaften, den nachhaltigen Schutz und die nachhaltige Bewahrung der Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen in der Region. Dabei übernimmt er eine unterstützende Funktion bei den ehrenamtlich tätigen Solidargemeinschaften aber auch eine kontrollierende Funktion gegenüber der GmbH.

Welche Solidargemeinschaften in welchen Landkreisen gibt es denn da genau? Diese sind als eingetragener Verein organisiert, die meisten Leute kennen die Abkürzung e.V., was bedeutet gemeinnützig?

Es gibt zehn Solidargemeinschaften in elf Landkreisen. Ja, richtig ist kein Rechenfehler – die Solidargemeinschaft OBERLAND erstreckt sich über zwei Landkreise, Miesbach und Bad Tölz/Wolfratshausen. Unser Netzwerkgebiet – und somit auch die Solidargemeinschaften – erstrecken sich rings um München und Augsburg. Dieses Gebiet ist unsere Region, dort werden unsere Produkte erzeugt, verarbeitet und verkauft. Gemeinnützig agieren bedeutet etwas für die Gemeinschaft tun. In unseren gemeinnützigen Solidargemeinschaften engagieren sich die Mitglieder ehrenamtlich für den Erhalt der Lebensgrundlagen, wie z.B. Kathrin Lichtenauer, die in der Solidargemeinschaft OBERLAND das Projekt Schule auf der Streuobstwiese und beim Imker betreut, oder Johann Korntheuer, der die Kassenführung des Vereins übernimmt. Der gemeinnützige Zweck muss vom Finanzamt anerkannt werden und wird in der Regel alle 3 Jahre neu geprüft.

Wie wird man Vorsitzende des Dachvereins und was bedeutet für Sie gemeinnützig konkret?

Der Vorstand des Dachvereins wird von den Vorständen der Solidargemeinschaften immer für zwei Jahre gewählt. Die Solidargemeinschaften haben – wie alle Beteiligten des Netzwerkes – das Ziel die Lebensgrundlagen in der Region zu erhalten. Die Wichtigkeit dieses Ziels möchten wir an die Menschen in der Region vermitteln. Wir möchten ein Bewusstsein dafür schaffen und Wissen vermitteln. Ich bin überzeugt, dass ein gewisses Wissen nötig ist, um bewusste Entscheidungen treffen zu können. Unser aller Verhalten wirkt sich auf unser Lebensumfeld aus – manchmal direkt, manchmal indirekt. Diese Zusammenhänge möchten wir aufzeigen. In meinen Augen dienen wir damit dem Gemeinwohl. Weiterhin finden in den Solidargemeinschaften viele praktische Projekte statt – dort wird das Thema praktisch in die Hand genommen. Hier haben wir besonders die Kinder im Blick. Bei einem unserer Projekte erkunden Grundschulkinder zusammen eine Streuobstwiese. Sie ziehen mit Becherlupen bewaffnet los und freuen sich über jedes neue Insekt, dass sie finden. Bei einem anderen Besuch werden die Blüten an einem Ast gezählt und später nachgeschaut, ob aus jeder Blüte ein Apfel wurde. Am spannendsten ist der Besuch beim Imker. Die Kinder erleben, welche schwere Arbeit die Bienen täglich leisten und warum es ohne Bienen keine Äpfel gibt. Die Kinder lernen bei unseren Projekten auf spielerische Art und Weise Dinge über die Natur und diese Erlebnisse werden nicht vergessen. Später können sie dann das, was sie kennen und schätzen auch schützen.

In welcher Region leben Sie?

Ich bin ein waschechtes Münchner Kindl, wie viele Generationen meiner Familie vorher. Aufgewachsen in Berg am Laim und Trudering. Allerdings hat es mich dann vor 23 Jahren nach Holzkirchen in den Landkreis Miesbach verschlagen. Dort lebe ich zusammen mit meinem Mann, meinen drei Kindern und unserem Hund. Ich genieße das Leben auf dem Land mit der Option auch ganz schnell in München – mit allen seinen Vorzügen – zu sein.

Kommen wir auf die von Ihnen genannten „Puzzleteile“ etwas genauer zu sprechen. Neben den zehn Solidargemeinschaften gehört zum Netzwerk UNSER LAND auch eine GmbH, also eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Warum eine GmbH und was ist für den Verbraucher in diesem Zusammenhang wichtig?

Während der Entstehung des Netzwerkes 1994 und in den darauffolgenden 6 Jahren wurden noch viele wirtschaftliche Aktivitäten, wie z.B. Infoaktionen in den Supermärkten im Ehrenamt durchgeführt. Aufgrund der Vergrößerung des Netzwerkes konnten diese Tätigkeiten dann nicht mehr ehrenamtlich geleistet werden. Weiterhin war es für eine praktische Umsetzung der Idee im Jahre 2000 nötig, die UNSER LAND GmbH zu gründen. Die GmbH ist für die wirtschaftliche Koordination zuständig. Das Ziel der GmbH ist identisch mit dem Netzwerkziel. Die GmbH agiert wirtschaftlich denkend, aber nicht gewinnorientiert. Gesellschafter der GmbH sind Erzeugergemeinschaften und die Solidargemeinschaft BRUCKER LAND als Inhaber des UNSER LAND Logos.

Die Idee UNSER LAND versteht sich als eine Erzeugergemeinschaft. Wie viele Erzeuger gibt es, aus welchen Wirtschaftszweigen kommen diese und welche Anforderungen müssen erfüllt werden?

Wir haben derzeit ca. 350 Erzeuger und 12 Verarbeitungsbetriebe, sowie 25 Handwerksbäckereien. Die Lebensmittel nach UNSER LAND Richtlinien werden nach eigenen – von den Solidargemeinschaften definierten – Richtlinien erzeugt und verarbeitet und unterliegen strengen Kontrollen. Bei allen Lebensmitteln mit tierischer Herkunft ist nur der Einsatz von regionalem Futtermittel erlaubt, ohne Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen. Die UNSER LAND BIO Lebensmittel unterliegen der EU-Ökoverordnung und die Kriterien des Bayerischen Bio Siegel orientieren sich an den Richtlinien der großen Anbauverbände, wie z.B. Demeter, Bioland und Naturland. Natürlich müssen alle UNSER LAND Produkte in unserem Netzwerkgebiet erzeugt und verarbeitet werden.

Welche Produkte gibt es denn so?

Wir haben derzeit ca. 120 verschiedene Lebensmittel, wie z.B. unser Eier mit dem Bayerischen Bio Siegel aus dem DACHAUER LAND, BRUCKER LAND, LANDSBERGER LAND und EBERSBERGER LAND. Aus dem MIESBACHER LAND stammt unsere Bio Vollmilch, von rund 110 bäuerlichen Familien mit im Durchschnitt 25 Kühen im Stall. Unser Streuobst Apfelsaft wird in jedem Landkreis separat aus gesammelten Äpfeln gepresst. Ebenfalls aus allen beteiligten Landkreisen stammen unsere (Bio) Honige. Übrigens, ein Produkt trägt nur dann den jeweiligen Landkreisnamen, wie z.B. MIESBACHER LAND, wenn Anbau und Verarbeitung im jeweiligen Landkreis stattfinden. Ansonsten handelt es sich um ein UNSER LAND Produkt. Jeder Kunde findet auf unseren Verpackungen Fotos vom jeweiligen Erzeuger.

Kann man die Vorteile für den Verbraucher aus diesem Netzwerk genau benennen?

Durch den Kauf regionaler UNSER LAND Produkte haben Verbraucher folgende Mehrwerte:

Erhalt der biologischen und regionalen Vielfalt, z.B. durch Erhalt/Pflege der bäuerlichen Streuobstwiesen. Aktiver Klimaschutz durch kurze Wege, da unsere Produkte keine langen Transportwerge zurücklegen und für uns der Begriff Regionalität sehr eng gesteckt ist und wir keine Expansionsbestrebungen verfolgen. Unterstützung der bäuerlichen Landwirtschaft und Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, da wir unter anderem durch faire Preise und Bewusstseinsarbeit dafür sorgen, dass bäuerliche Betriebe überleben können und auch für die nächste Generation noch eine Perspektive bieten. Gentechnikfreie, nachhaltige und umweltverträgliche Erzeugung, so verwenden z.B. alle UNSER LAND Erzeuger für die Fütterung regional angebautes und gentechnikfreies Soja. Ein umweltschädlicher Import aus Übersee entfällt somit.

Dies erfolgt auf einfache Art und Weise, NUR durch den Kauf. Nebenbei kommen die Frische und der Geschmack natürlich auch nicht zu kurz.

Auf der Internetseite unserland.info habe ich eine Rubrik mit besonderen Projekten entdeckt. Wieso noch zusätzliche Projekte, welches Projekt liegt Ihnen da besonders am Herzen? Und welche Ideen für neue Projekte haben Sie schon jetzt im Kopf?

Unsere Projekte haben über das Ziel der Bewusstseinsbildung hinaus oftmals auch ganz praktische Ansätze. Mein absolutes Lieblingsprojekt sind die Sonnenäcker, dieses Projekt betreue ich auch selbst im Landkreis Miesbach. Die Solidargemeinschaften pachten ein Stück Acker von einem Landwirt und stellen es gegen eine geringe Gebühr Hobbygärtnern zur Verfügung. Gerade für Kinder ist es eine einmalige Erfahrung zu erleben, wieviel Arbeit dahintersteckt z.B. eine Gelbe Rübe ernten zu können. Hier entsteht eine andere Wertschätzung für unsere Lebensmittel. Weiterhin bekommen die Pächter einen anderen Blick auf das Wetter und unser Klima. Die Ernte ist dann der gesunde und genussvolle Lohn für die Achtsamkeit. Direkt vom Acker schmeckt es gleich nochmal besser. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie der Sonnenacker sich übers Jahr entwickelt und was dort alles gedeiht und wächst. Besonders freut mich immer die Freude und Dankbarkeit der Pächter. Die Entwicklung neuer Projekte wurde auch bei uns durch Corona etwas eingebremst und Vieles musste neu überdacht werden. Eines unsere neuen Projekte wird das Thema „Klimaschutz beginnt in der Region“ sein. Hier gibt es schon verschiedene Ideen zur konkreten Umsetzung, aber zu viel möchte ich noch nicht verraten.

Wenn ich mich ehrenamtlich einbringen möchte – welche Jobs kämen da in Frage und an wen könnte ich mich wenden?

Reifere Menschen, jüngere Menschen, Singles, Ehepaare, in der Region geboren oder erst hergezogen – JEDER ist bei uns willkommen und kann sich mit seiner ganz persönlichen Fähigkeit mit einbringen. Je nach Gusto und verfügbarer Zeit könnten Sie z.B. beim Standdienst bei Veranstaltungen unterstützen oder beim Aufbau des Standes mithelfen. Das Durchführen von verschiedenen Projekten wie z.B. Kinder- und Erwachsenen Kochkurse, Schule auf der Streuobstwiese oder die Geschenkkörbe kann übernommen werden, aber es besteht auch der Freiraum zur Entwicklung und Umsetzung von eigenen Projektideen. Nähere Informationen finden Sie auf unserer „Mach mit“ Seite auf www.unserland.info.

Haben Sie eine Frage oder Wunsch?

Eine Frage fällt mir gerade nicht ein. Wünsche habe ich viele, aber bei der guten Fee gibt es ja auch nur drei. Somit wünsche ich mir, dass dieses Interview für die Leser ein Blick hinter die Kulissen unserer regionalen Produkte ist. Ein weiterer Wunsch ist, dass die Menschen, die regionale Produkte kaufen sich noch mehr bewusstwerden, was sie damit Gutes tun und dass wir evtl. weitere Menschen mit unserer Idee anstecken können. Der dritte Wunsch und somit die Kirsche auf der Sahne wäre, dass zahlreiche Leser so begeistert sind, dass sie sich aktiv mit uns zusammen für die Region einsetzen.

Interview von Stephan Paul Stuemer. Fotos: UNSER LAND

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