Liebe Frau Seiltz, ich freue mich, dass UNSER LAND und die ISAR SICHT gemeinsam eine Interviewreihe quer durch die unterschiedlichsten Gruppen vom Lebensmittelerzeuger bis zum Endverbraucher in dieser schwierigen Zeit startet. Das besondere Risiko, der Coronavirus (COVID-19), ist für viele unserer liebsten Mitmenschen eine lebensbedrohliche Situation. Gerade jetzt zeigt sich solidarischer Zusammenhalt, Rücksicht und Fürsorge in unserer Gesellschaft.
Sie sind Geschäftsführerin der UNSER LAND GmbH. Was macht dieses Unternehmen genau? Wie ist es aufgebaut und aus welcher Idee heraus hat es sich entwickelt? Wofür steht UNSER LAND mit seinen Mitgliedern?
Das Netzwerk UNSER LAND entstand 1994 im Landkreis Fürstenfeldbruck, dem BRUCKER LAND. Ziel des Netzwerks ist der Erhalt der Lebensgrundlagen von Menschen, Tieren und Pflanzen in der Region. Es umfasst die Solidargemeinschaften, die UNSER LAND GmbH und rund 300 Erzeugerbetriebe. Unser Netzwerk agiert in elf Landkreisen rund um München und Augsburg. Mit vielen engagierten ehrenamtlichen setzen sich die Solidargemeinschaften durch umfassende Verbraucherinformationen für die Idee ein. In der UNSER LAND GmbH, einer regionalen Vermarktungsgesellschaft sind wir zuständig für die Koordinierung von Erzeugung, Verarbeitung und dem Verkauf von 120 regionalen Lebensmitteln – aus der Region für die Region. Sie sind schmackhafter Botschafter unserer Idee.
Welche besonderen Herausforderungen ergeben sich für UNSER LAND im derzeitigen Katastrophenfall?
Unsere regionalen Strukturen können sich in der aktuellen Situation beweisen. Die Nachfrage ist enorm gestiegen und wir werden alles dafür tun, unsere Kunden auch weiterhin mit dem UNSER LAND Sortiment zu versorgen. Die Unabhängigkeit von globalen Strukturen macht uns dies möglich.
Viele Dinge treten für einen selber und für die Gesellschaft in den Hintergrund oder sind gerade nicht so wichtig. Was ist in der Kette der Lebensmittelversorgung aus ihrer Sicht gerade jetzt wichtig?
Bei der Aufrechterhaltung der Lieferkette für UNSER LAND ist die Gesundheit unserer Mitarbeiter, und hier vor allem unserer Fahrer, das höchste Gut. Wir haben bereits vor mehr als 2 Wochen die Schritte eingeleitet, um unsere Fahrer bestmöglich zu schützen. Seit dieser Woche sind hier auch zusätzliche Weichen gestellt, falls unsere Mitarbeiter krank würden. Die Regierung hat die einfache „Verleihung“ von Mitarbeitern zwischen Firmen geregelt, so dass wir auf LKW-Fahrer anderer Branchen zurückgreifen können, die gerade eine geringere Auftragslage haben. So kann man sich auch hiermit in der Region gegenseitig unterstützen.
Hamsterkäufe zeigen ein ganz normales menschliches Verhalten. Ist unsere Versorgung mit regionalen Lebensmitteln gewährleistet?
Die Nachfrage hat sich mehr als verdreifacht, diese zu decken ist natürlich nicht so einfach möglich. Unsere Erzeugerbetriebe tun alles, um die Nachfrage bestmöglich bedienen zu können. Das ganze Team arbeitet über seine persönlichen Grenzen hinaus daran, die UNSER LAND Regale bis zu 2x pro Woche nachzubestücken.
Wo brauchen ihre Netzwerkler Unterstützung, welche Lösungsansätze gibt es? Wer kann helfen?
Gerade in den landwirtschaftlichen Betrieben wird in den kommenden Wochen und Monaten viel Hilfe beim Bestellen und Pflegen der Felder benötigt werden. Wir hoffen sehr, dass sie Regierung hier schnell die Lücke der fehlenden Saisonarbeitskräfte füllen kann. Sie arbeitet unter Hochdruck daran und es scheint auf dem besten Wege dahin zu sein. Aber auch das Angebot ehrenamtlicher Helfer ist enorm und bedarf jetzt einer guten Koordinierung.
Was bereitet ihnen in dieser schwierigen Situation, die jeden betrifft, die meisten Sorge? Können sich daraus aber auch positive Chancen ergeben? Und wenn ja, welche?
Die UNSER LAND Idee zum Erhalt der Lebensgrundlagen in der Region hat jetzt eine völlig neue Dimension erhalten. Es bestätigt uns noch mal mehr in unserer täglichen Arbeit. Der respektvolle, verantwortliche Umgang untereinander und die regionalen Strukturen vom Erzeuger über den Verarbeiter bis zum Handel sind von enormem Wert in der jetzigen Zeit. Aus jeder Krise wächst auch eine Chance, so dass wir glauben, dass diese schwierigen Zeiten auch Mut machen und den Gemeinschaftssinn in der Gesellschaft beflügeln können.
Was geben sie unseren Lesern heute mit auf den Weg?
UNSER LAND steht für die Werte Nähe, Mut und Vielfalt. Wir alle brauchen Mut, um die aktuelle Krise zu überstehen. Dafür ist auch eine Vielfalt an Ideen gefordert. Und auch, wenn das Gebot der Stunde ist, Abstand zu halten, so wünsche ich mir, dass es uns am Ende alle noch näher zusammenbringt.
Vielen Dank für das Interview, bleiben Sie bitte gesund und tapfer!
Interview von Theresa Boisson und Stephan Paul Stuemer. Fotos: UNSER LAND
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