Begleitwort zur zweiten Ausgabe 2017:
Gibt es hier überhaupt Fische? Diese an sich eher unsinnige Frage wird Anglern immer wieder gestellt. Die meisten Menschen wissen kaum etwas über das Leben im Fluss. Die Lebewesen unter der Wasseroberfläche sind halt vergleichsweise schlecht zu sehen. Auch über das Angeln wissen viele Münchner praktisch nix. Der Angler ist ihnen eher als Karikatur, mit Wurm am Haken und Bierflasche in der Hand bekannt. Sehen die Münchner dann tatsächlich mal einen Fliegenfischer im Fluss stehen, dient er meist nur als schickes Fotomotiv.
Das die Fischer an der Isar sich in erster Linie um den Erhalt und Wiederaufbau eines artenreichen und gesunden Fischbestand kümmern, als nur Fische aus dem Gewässer zu entnehmen, bleibt den meisten Leuten leider verborgen. Als leidenschaftlicher Fischer und Gewässerökologe, freue ich mich in der neuen Ausgabe von ISAR SICHT etwas Aufklärungsarbeit zu leisten und Fragen zur Fischerei zu beantworten. Vielleicht kann dann der ein oder andere etwas mehr mit dieser Leidenschaft anfangen.
Interview:
Welche frühen persönlichen Erinnerungen bringen Sie mit der Münchner Isar in Verbindung?
In den 70ger Jahren war ich mit meinen Eltern oft an der südlichen Isar bei Grünwald, habe Kleinfischarten wie Elritzen und Schmerlen mit der Hand oder der Flasche gefangen und die Nasenschwärme bewundert. Später habe ich die großen Schulen von Äschen beim Steigen beobachtet – so nennt man es wenn Fische die Oberfläche beim Fressen durchbrechen. Es sah aus als ob es regnete. Ich habe sehr gute Erinnerungen an die Zeit als Jugendlicher an der Isar beim Baden, an die Isarfeste am Flaucher und der Holzbrücke bei der Emmeramsmühle. Damals waren Lagerfeuer noch erlaubt. Es gab wesentlich mehr Fische, weniger Müll und kaum Glasscherben. Angeln durfte ich damals leider noch nicht in der Isar. Trotzdem hänge ich dieser Zeit zugegebener Maßen nach.
Was reizt Sie am Fischen an der Isar?
Fischen ist für mich kein bloßes Hobby sondern eine richtige Leidenschaft. Der Fischereiverein, der die Isar von Grünwald bis Erching bewirtschaftet, hatte stets großen Andrang. Auf einen der begehrten Jahreserlaubnisscheine an der Isar wartet man teilweise zehn Jahre. Deshalb habe ich mich lange erst gar nicht beworben. Dafür habe ich in Mittenwald und Freising auf Äschen und Forellen an der Isar gefischt. Seit 1996 bin ich nun Mitglied im Verein „Die Isarfischer“ und kann meiner Passion – dem Fliegenfischen – an der Münchner Isar, ganz in der Nähe meines Zuhauses am Aumeister, nachgehen. Der Fischbestand ist heute bei Weitem nicht mehr so groß ist wie früher und auf die große Unterstützung durch den Verein angewiesen. Neben der Forelle, die heute der Brotfisch der Isarfischer ist, übt der Huchen eine besondere Faszination auf mich aus. Der Huchen ist der größte Verwandte des Lachses und nur in den Donauzuflüssen heimisch. Er erreicht Größen von 130 cm und 30 kg. Es werden nur wenige Huchen pro Jahr gefangen, das kommt fast einem Sechser im Lotto gleich. Trotz allem, oder gerade deswegen fasziniert mich die Fischerei auf diese Fischart.
Haben Sie auch beruflich Berührungspunkte mit der Isar?
Ich hatte das Glück, meine Leidenschaft praktisch zum Beruf zu machen. Nachdem selbst meine Facharbeit einen Fisch zum Thema hatte, habe ich nach dem Grundstudium in Weihenstephan Fischerei und Gewässerbewirtschaftung in Berlin studiert. Die Durchwanderbarkeit der Isar für Fische war das Thema meiner Diplomarbeit und in meiner Dissertation habe ich mich mit der Erfolgskontrolle von Besatzmaßnahmen mit Äschen an der Isar beschäftigt. Heute bin ich als Geschäftsführer beim Landesfischereiverband Bayern auch immer wieder mit der Isar in Berührung. Der Isarplan, der Rückgang der Äschen, der Fraßdruck von Kormoran und Gänsesäger, der Neubau von Wasserkraftwerken, der Bau von Wanderhilfen, Hochwasser, der Naturschutz und die Freizeitnutzung werden immer wieder kontrovers mit den Fachbehörden, Verbänden und Wasserkraftbetreibern diskutiert. Der Landesfischereiverband unterstützt die Isarfischer durch Bestandserhebungen und Artenhilfsprogrammen mit gefährdeten Fischarten, um mit den vielfältigen Problemen fertig zu werden.
Ehrenamt
Auch ehrenamtlich beschäftige ich mich mit der Isar. Seit 1994 vertrete ich die 44 Münchner Fischereivereine im Stadtgebiet und bin Mitglied des Naturschutzbeirats des LRA München und der Regierung von Oberbayern. Die Isarfischer unterstütze ich bei den jährlichen Bestandserhebungen und mit fachlicher Beratung.
Ist der Isarplan aus Ihrer Sicht gelungen?
Absolut: Ich habe mich von Beginn an sehr mit dem Isarplan auseinandergesetzt und mich auch intensiv eingebracht. Die Fischerei hat mit Sicherheit wesentlich mit dazu beigetragen, dass der Isarplan auch für die Fischfauna ein Erfolg geworden ist. Dabei habe ich sehr viel gelernt. Es spielten und spielen unheimlich viele Interessen eine wichtige Rolle. Anfangs war ich der Meinung, dass der Isarplan ausschließlich die Renaturierung der Isar und den Hochwasserschutz zu berücksichtigen habe. Überraschend war für mich, wie viele Aspekte sonst noch hineinspielen. Alle Seiten haben sich kämpferisch eingebracht, so dass heute neben Hochwasserschutz und den Fischen auch die Münchner sehr von der Renaturierung profitieren. Leider bringt dies wiederum große Probleme mit Müll und Glasscherben mit sich. Aber auch diese Herausforderung wird man wohl früher oder später in den Griff bekommen.
(Foto: Thomas Woelfle)
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